Mairatal - Tour |
26.08. - 30.08.2017 |
Kompakt
Das Mairatal (Valle Maira) ist ein Hochgebirgstal im Piemont, also auf der italienischen Seite der Cottischen Alpen. In südlicher Richtung bis Monaco am Mittelmeer sind es ca. 100 km, in nordwestlicher Richtung bis Turin ca. 80 km Luftlinie. Damit ist das Mairatal die entfernteste Alpenregion, die wir bei unserer alljährlichen Etappenwanderungen erkundet haben. Das Mairatal und seine Nachbartäler galten lange als die entsiedelste Region Italiens. Erst seit 10 Jahren kommt durch sanften Tourismus wieder Leben in die Gebirgstäler.
Den Hinweis auf dieses Wandergebiet bekamen wir auf der Seite des Veranstalters ReNatour. Die angebotene Reise „Genusswandern im Piemont“ überzeugte uns. Erstmalig wanderten wir 5 Tage mit dem kleinen Tagesrucksack, das Hauptgepäck war mittels Sherpabus bei der Ankunft am Nachmittag bereits in unserer Posto Tappa, der offiziellen Übernachtungsstätte auf dem Percorsi Occitani (P.O.), dem Hauptwanderweg des Mairatales. Schon beim ersten gemeinsamen Abendessen aller Gäste wurde uns auch klar auf was sich der Genuss beim „Genusswandern“ bezieht: Nämlich das niveauvolle piemontesische Abendmenü. Wir waren aber in erster Linie zum Wandern hierhergekommen und das machte in dieser einsamen Hochgebirgslandschaft viel Freude. Von der Blütenpracht auf den Almwiesen im Frühsommer war bei unserer Wanderung Ende August zwar kaum noch etwas übrig, dennoch gab es genügend Fotomotive.
Am Ende der Wanderung stand zu Buche: 5 Etappen, Gesamtlänge: 70 km, Höhenmeter: ± 3730 m.
1. Tag: San Martino - Elva
Am späten Nachmittag des Vortages hatten wir San Martino, den Start- und Zielort unserer Mairatal-Wanderung erreicht und uns sofort in den großzügig ausgebauten Räumen des alten Weilers wohlgefühlt. Das abendliche piemontesische 4-Gang-Menü war perfekt und übertraf noch unsere Erwartungen, die durch den Reiseveranstalter geweckt waren.
Nach dem Frühstück starten wir zur kurzen 3-Stunden-Etappe. Unser Wanderweg an allen Tagen der Wanderwoche ist der gelb markierte Percorsi Occitani (P.O.), der alle touristischen Orte des Mairatales verbindet. Der Weg führt gleichmäßig ansteigend durch lichte Wälder und über Bergwiesen. Bei der Mittagsrast neben der Kapelle am Colle San Giovanni (1.875 m) genießen wir erstmalig die grandiose Bergsicht. An den Folgetagen fällt uns immer wieder der Monte Bettoni ins Blickfeld. Diese von der Westseite markante Spitze (1830 m) hätten wir bequem als kleinen Abstecher von unserem Weg erreichen können. Der Abstieg zum Etappenziel in Elva-Serre ist nach der Pause schnell erreicht. Wir beziehen unser Quartier im Posto-tappa Locanda San Pancrazio, das ist die offizielle Übernachtungsstätte auf dem Percorsi Occitani in Elva. Unser großes Reisegepäck ist mit dem Sherpabus auch schon da. So können wir uns am Nachmittag in dem bekannten Touristendorf umschauen. Wir schauen uns die kleine Kirche mit den hervorragenden Fresken an, danach besichtigen wir das kleine Haarmuseum. Hier wird an die Geschichte der Haarsammler und Perückenmacher aus Elva erinnert.
2. Tag: Elva - Ussolo
Nach dem Frühstück verlassen wir unser Quartier in Elva-Serre und starten Richtung Ussolo.In der 1. Stunde wandern wir abwärts auf der Dorfstraße und sehen neben Häusern mit eingestürzten Dächern und leeren Fenstern auch einige frisch renovierte Häuser. An der ehemaligen Mühle haben wir den tiefstenPunkt des Tages erreicht (1.321 m). Dann geht es an der Straße hinauf nach Chiosso Superiore. Von dort wechseln wir in den Nadelwald steigen steil bergan. Im oberen Bergabschnitt bieten sich uns schöne Blicke zu unserem Startpunkt Elva-Serre. Nach 2 Std. Wanderzeit sind wir am höchsten Punkt des Tages (2.014 m) und nach einer weiteren ½ Stunde können wir am Colle San Michele rasten. Wir schauen nun in den weiten Talkessel (Conca) von Chiotti. Der Hintergrund wird von dem 3000er Monte Chersogno dominiert. Der Abstieg ins Tal erfolgt über Kuhweiden. Wir müssen aufpassen, dass wir unseren markierten Weg P.O. nicht aus den Augen verlieren. Nach Querung eines Baches rasten wir am Weiler Castiglione noch einmal. Dann folgt der 400 Höhenmeter-Schlussanstieg über Bergwiesen und durch den Wald. Aus 1800 m Höhe bietet sich nun ein schöner Blick auf die unter uns liegenden Kuhweiden und die gegenüberliegenden Berge. Es folgen noch einmal 500 Höhenmeter Abstieg über die Wiesen, vorbei an den hellen piemontesischen Kühen, und zum Schluss auf der Straße vom Weiler Vallone nach Ussolo. Dann haben wir unsere Posto-Tappa La Carlina (deutsch: Die Silberdistel) erreicht. Bevor wir zu unserem Quartier im oberen Dorf noch einmal hinaus müssen, trinken wir erstmal ein großes Bier…
3. Tag: Ussolo - Ponte Maira
Einfacher wäre unsere Etappe, wenn wir direkt in das Mairatal abgestiegen und im Tal bis Ponte Maira hinauf gewandert wären... Doch wir wollen ja von oben auf das Alpenpanorama schauen. Also geht es wieder auf den Percorsi Occitani (P.O.). Wir steigen gleich hinter unserem Quartier in Ussolo auf einen alten Bauernweg, der uns hoch zur Grangette führt. Es folgt ein lieblicher Talkessel, in dem auch Viehwirtschaft betrieben wird, und dann der Aufstieg durch den Wald bis zum Pass Punta Colour. Den kleinen Abstecher zum Gipfel Punto Colour, dem höchsten Punkt des Tages, nehmen wir natürlich auch mit. Hier genießen wir bei unserer Mittagsrast das fantastische Bergpanorama. Die Maira liegt jetzt 800 m unter uns. Über weite Alpenweiden steigen wir nach Westen ab, dabei haben wir immer die Gipfelkette der südlichen Cottischen Alpen im Blickfeld. Bald können wir neben einem Bachlauf den offiziellen Weg etwas abkürzen. Auf der Höhe 1750 m erreichen wir den Wald. Nun laufen wir auf der Bergstraße eine Brücke querend zur Ortschaft Lausetto. Wir bleiben weiter auf der Höhe, indem wir zur Aussichtskirche San Maurizio nochmals etwas aufsteigen. An einem geschnitzten Holzbrunnen können wir noch einmal den Durst löschen. Noch 1 km wandern wir über einen schönen Wiesenabschnitt in ca. 1500 m Höhe. Dann liegt plötzlich die Ortschaft Ponte Maira unter uns. Nach 100 m Steilabstieg stehen wir im Ort und erreichen unser Posto-Tappa Locando Mistrale, eine kleine, aber feine Pension. Wir wohnen zwar wieder wie an allen Orten in einem Mehrbettzimmer-Gästehaus, aber am Abend wird unserer kleinen Gruppe im Locando Mistrale das beste piemontesische Menü der Tour serviert.
4. Tag: Ponte Maira - Chialvetta
Nicht nur das abendliche Menü sondern auch das Frühstücksbüfett im Locando Mistral war das Beste im Mairatal. Dennoch habe ich, wie schon am Vortag wenig Appetit. Dieser kommt erst nach einer intensiven Wanderung.
In einer kleinen Gruppe starten wir den Wandertag und laufen zunächst an der gelben Wegmarkierung vorbei. Danach wieder zurück, neuer Start und nach 1½ Stunden sind wir endlich am Sorgenti di Maira (1.645 m), einer Lichtung, wo die Maira-Quellen sprudeln. Das Wasser verschwindet unterhalb des schönen Campingpatzes, es wird dem nahegelegen Saretto-Stausee zugeführt. Wie geht es nun weiter: Die hochalpine Variante über den Colle d’Enchiausa (2.740 m) oder den Weg über Colle Ciarbonet (2.206 m)? Es ist inzwischen schon 11:00 Uhr. So entscheiden wir uns für die mind. 2 Stunden kürzere und 500 Höhenmeter geringere Variante. Wir steigen in südöstlicher Richtung durch einen schönen Lärchenwald auf. Bis zum Sattel bleiben wir so im Schatten. Wir sind gut im Zeitplan und so können wir nach der Mittagsrast noch den ½-stündigen Aufstieg zum Monte Estelletta (2.316 m) machen. Dies ist zwar nur eine flache Kuppe, auf der die weißen Rinder das inzwischen gelb-braune Gras fressen, besitzt aber sogar ein Gipfelkreuz mit Gipfelbuch. Wir genießen vom höchsten Punkt unserer Mairatal-Wanderung den Blick über die Berge und insbesondere in das Unerzio-Tal (Valle Unerzio), das unser heutiges Ziel ist. Nach dieser Pause steigen wir dann über den weiten Alpkessel ab. Wie schon an den Vortagen kann man auch hier Abschneider zwischen den Serpentinen des Wirtschaftsweges nutzen. So erreichen wir zur besten Kaffeezeit Viviere (1.700 m), den obersten Weiler des Unerzio-Tales. Hier im Rifugio könnte man lange sitzen bleiben. Doch nach einem erfrischenden Bier steigen wir weiter ins Tal. Zunächst erreichen wir das 100m tiefer gelegene Pratorondo. Nach weiteren 20 Minuten auf einem schönen Wanderweg sehen wir in der Spätnachmittagssonne schon den Kirchturm von Chialvetta. Nun sind es nur noch wenige Schritte bis zu unserem Posto-tappa Trattorio della Gardetta und unweit davon unser Quartier. Das Abendmenü ist hier nicht so niveauvoll wie am Vortage, mit der Pasta ist der Wanderer allemal zufrieden. Der Weißwein (Sorte?) schmeckt hier genauso gut wie in den anderen Herbergen.
5. Tag: Chialvetta - San Martino
Heute am letzten Tag unserer Tour wandern wir zu unserem Ausgangsort San Martino zurück. Einige Wanderfreunde, mit denen wir gestern Abend zusammen saßen, starten noch zu den beiden Etappen nach Finello und Palent.
Nach einem Kilometer auf dem schönen Wanderweg erreichen wir Gheit, den untersten Weiler des Unerzio-Tales. Die wenigen Häuser sind hübsch gestaltet. Es folgt der Abstieg in das Mairatal. Zunächst fällt uns die gegenüberliegende 800 m hohe Felsenwand bei Acceglio ins Auge. Dort oben, nicht genau erkennbar, muss sich der Gipfel Punto Colour befinden, von dem wir zwei Tagen herunter geschaut haben. Nun folgen 10 km Wanderung mehr oder weniger nahe des Maira-Flusses. Teilweise führt der Weg entlang der Wiesen und durch lichte Uferwälder. Insgesamt 4 km müssen wir allerdings auch auf der Fahrstraße laufen. Hier, wo die Maira durch Schluchten stürzt, ist einfach kein Platz für einen Wanderweg. Im Hauptort Prazzo wird kurz gerastet, weiter unten am Ponte Marmora schauen wir auf die großen Anlagen des Wasserkraftwerkes. Der Gewinn aus der Wasserkraft wird in die Infrastruktur der Region investiert. Beim Tageskilometer 13 erreichen wir den Abzweig zum Fußweg nach San Martino. Der Jahrhunderte alte Zugangsweg nach San Martino und Elva hat lässt sich gut laufen. Nach 1 1⁄4 Stunden (4 km, 450 Höhenmeter) erreichen wir San Martino inferior, den Ausgangspunkt unserer 5-Tage-Wanderung. Wir sind die ersten Gäste an diesem Nachmittag im Schlafraum und können uns die Fensterplätze aussuchen.
Am Nachmittag bleibt noch Zeit für einen Besuch im Oberdorf San Martino superior. Der Meiler war schon fast verwaist, jetzt zieht in viele Gemäuer neues Leben ein. Fasziniert bin ich vom kleinen Kirchlein. Es hat die Entvölkerung des Weilers unbeschadet überstanden. Wieder unten in unserem Posta-Tappa genießen wir noch eine Stunde auf der schönen Loggia, bevor zum Abschiedsmenü im Speisesaal gerufen wird.
Heimfahrt
Auf der An- und Abreise machten wir auch einen kurzen Stopp in Dronero, dem Eingangstor zum Mairatal, sowie in der piemontesischen Provinzhauptstadt Cuneo. In beiden Städten waren wir von der gut erhaltenen historischen Bausubstanz und dem Touristen-Flair angetan. Dronero, hier beginnt der Wanderweg Percorsi Occitani (P.O.), punktet darüber hinaus mit der Kulisse der Cottischen Alpen, Cuneo mit der großzügigen Gestaltung der Altstadt.