Der Charakter meiner gemeinsamen Wanderungen hat sich seit 2000 logischerweise geändert. Hatten wir viele Jahre Hüttentouren in den Alpen unternommen, so folgten in den letzten Jahren organisierte Wanderungen mit Gepäcktransport. Und nun also eine komplette Wanderwoche mit Wikinger-Reisen: „Lago Maggiore – unendlich schön“. Am Anreisetag traf sich eine ziemliche große Gruppe (die Wanderinnen waren deutlich in der Mehrzahl) im Hotel Pesce D‘Oro in Verbania-Suna in Italien am Lago Maggiore. Überraschend war, dass sowohl bei der Vorstellung der konkreten Wanderungen als auch bei den möglichen Zusatzaktivitäten, die Reiseleiter Nico vortrug, von der Wandergruppe durchweg Zustimmung kam. Das Klima in unserer Mannschaft stimmte von Anfang an. Das merkte man nicht nur beim Wandern, sondern auch am Abend bei einem Cocktail oder einem Glas Wein. Das Wetter in der Woche war eigentlich bescheiden, wir hatten nur 2 richtige Sonnentage, aber dafür etliche Liter Regenwasser pro m². Trotzdem wurden alle Wanderungen des Programms und auch die Besichtigungen geschafft. Unterkunft im Hotel und Verpflegung waren auch okay, so dass ich ein absolut positives Fazit für diese Wanderreise ziehen kann. Wir sind übrigens nach meinen Aufzeichnungen an den vier Wandertagen 42 Kilometer bei 2410 Aufstiegs-Höhenmetern gewandert.
2. Tag: Zum Monte Rosso, dem Hausberg von Verbania (12,3 km, ±495 Hm)
Am Begrüßungsabend hatte sich unsere recht große Wandergruppe und unser Wanderleiter über das Programm der Woche abgestimmt. Danach wollen wir heute den Monte Rosso, den Hausberg von Verbania, besteigen. Das Wetter ist ideal. Wir starten die Wanderung an unserem Hotel unmittelbar am Seeufer. Zunächst geht es durch die kleinen Gassen von Suna, dann folgt ein typischer alter Maultierpfad, der durch den Wald zum Bergdorf Cavandone führt. Nach einer Stunde erreichen wir die kleine Kapelle Buon Rimedio, in die wir heute bei Film-Dreharbeiten hineinschauen können. Dies ist ein günstiger Platz für die erste Trinkpause. Nach 1 Kilometer erreichen wir Cavandone. Es ist ein typisches Bergdorf der Region mit alten Steinhäusern im Dorfkern und vielen neuen modernen Häusern am Dorfrand. Bald sind wir wieder im Wald und nach 4 Kilometer und knapp 2 Stunden Wanderzeit (mit Pausen) erreichen wir den Gipfel des Monte Rosso (693 m) Es ist verblüffend: Nach der Wanderung durch den Mischwald stehen wir hier oben auf einer landwirtschaftlich genutzten Bergkuppe. Eine Agra-Genossenschaft betreibt hier unter anderen auch einen Berggasthof. Hier im Freien unter Sonnenschutz wird italienisch gerastet und das Panorama zum See und zu den Bergen genossen. Für den Abstieg wählt Wanderleiter Nico einen kürzeren, aber auch steileren Weg durch den Wald. Nach einer Stunde haben wir unser Hotel erreicht.
3.Tag: Stresa und Botanischer Garten Villa Taranto
Nach der Sonne am gestrigen Sonntag ist heute Regen angesagt. Wir nutzen daher den Vormittag für einen Besuch in Stresa. Der Ort gilt als Top-Sehenswürdigkeit am Lago Maggiore. Ende des 18. Jahrhunderts wurde Stresa zu einem beliebten Treffpunkt für gekrönte Häupter, Künstler und Dichter. Mit dem Linienbus fahren wir zur gegenüberliegenden Seeseite der Boromeo-Bucht. Zunächst schauen wir uns in der Altstadt um. Bei leichtem Regen wandern wir dann an der Seepromenade zu den großen Hotels der Stadt. Foyers und Gartenanlagen der Grandhotels sind für uns zugänglich. Besonders beeindruckend ist die Brunnenanlage am Grand Hotel des Iles Borromées. Einen ½ -stündigen Starkregen verbringen wir danach auf der Dachterrasse des Hotels Astoria. Am Nachmittag besuchen wir die Botanischen Gärten Villa Tarando an der Südostseite von Verbania. Das Linienschiff bringt uns hierzu von Stresa fast bis zum Eingang der imposanten Gartenanlage, die der Schotte Captain Mc Eacharn im vergangenen Jahrhundert angelegt hat. Es ist verblüffend, wie in innerhalb kurzer Zeit so gewaltige Baumriesen hier gewachsen sind. Die Pracht dieser Gartenanlage müssen wir allerdings wieder bei leichtem Regen anschauen. Nach dem Besuch der Anlage wandern wir am späten Nachmittag dann schließlich ca. 4 km an der Uferstraße und an der Seepromenade zu unserem Hotel zurück.
4. Tag: Aufstieg zum Sasso del Ferre (6 km, +860 / -110 Hm)
Heute ist der sonnigste Tag der Woche und wir wollen zum Gipfel des Sasso del Ferro. Hierzu fahren wir zunächst mit der Fähre von Intra über den See nach Laveno. Während der Normaltourist nun die Seilbahn nutzt, starten wir die Wanderung hinauf. Der Weg ist kein Premiumwanderweg, denn es geht faktisch nur steil bergan, erst durch den Ort und danach auf einem Maultierpfad. Nach 1 Stunde haben wir bereits 400 Höhenmeter geschafft - das ist allerhand. Nach 2½ Stunden stehen wir auf dem Gipfel des Sasso del Ferro (1.062 m). Unser Weg hatte fast 20% Steigung! Nun können wir den Ausblick auf den See und die Berge genießen. Die große Mittagspause wird aber auf der Aussichtsterrasse neben der Bergbahn eingenommen. Von den vielen Besuchern hier oben dürften wahrscheinlich nur 1% den mühsamen Wanderaufstieg genommen haben. Das Highlight des Tages ist schließlich die Talfahrt mit der Funivie del Lago Maggiore, wie die Seilbahn offiziell heißt. Es ist eine der letzten Korbseilbahnen der Alpen. In 15 Minuten schweben wir wieder nach Laveno. Nach der Fähr-Überfahrt schauen wir uns noch ein wenig im Zentrum von Intra um. Der Stadtbus bringt uns schließlich zum Quartier zurück.
5. Tag: Im Val de Grande zum Rifugio Cavallone (11,1 km, ±470 Hm)
Nach der Vorstellung der Wanderziele am Ankunftsabend durch unseren Reiseleiter Nico sollte die heutige Tour im Nationalpark Val de Grande die schönste Wanderung werden. (Bewertung im Internet: „Diese alpine Rundtour im Val Grande führt uns auf den Gipfel des Monte Todano und bietet atemberaubende Panoramablicke auf den Lago Maggiore und das Monte Rosa Massiv“). Doch leider ist es schon am Morgen stark bewölkt und es wird wieder regnen. Dennoch fahren wir mit 3 Taxen zum Startpunkt Diese alpine Rundtour startet am Parkplatz an der Capella Fina in 1100 m Höhe. und wir laufen diese entgegen dem Uhrzeigersinn. Auf den ersten 4,5 km gibt es keine nennenswerten Steigungen. Es wäre Genusswandern pur, wenn wir nicht in den Wolken wandern würden. Mitunter können wir jedoch den Lago Maggiore erkennen. An einer Wegkreuzung verlassen wir den Panoramaweg und steigen im Wald 300 Höhenmeter hinauf. Wir erreichen nun eine interessante Graslandschaft, die jetzt auch im Regen beeindruckt. Nach einem letzten Steilanstieg erreichen wir die Rifugio Cavallone, die Sektionshütte des Alpenvereins CAI Intra (1.540 m). Hier können wir uns wieder am Ofen trocknen, wärmen und auch stärken. Danach geht es wieder in den Regen hinaus. Auf den Aufstieg zum Balmit (1.667 m) verzichten wir, denn zu sehen gibt es heute nichts. Wir wandern vielmehr zum Gipfelkreuz Pian Cavallone vor und wandern danach zur Capella Fina zurück.
6. Tag: Isola Madre und Isola Bella
Die Hoffnung auf besseres Wetter in unserer Wanderwoche haben wir aufgegeben. Morgen soll es etwas besser werden, so dass wir heute die Borromäischen Inseln Isola Madre und Isola Bella besuchen wollen. Beide Inseln sind im Privatbesitz der Borromeo-Dynastie, die seit dem 15. Jahrhundert zu den reichsten Familien Oberitaliens zählt. Ein Charterboot holt uns am Bootshafen in Suna ab und bringt uns zunächst zur Isola Madre. Sie ist die größte Insel im Lago Maggiore (60 ha). Die gesamte Insel ist eine große Parkanlage mit dem historischen Gebäude-Ensemble Palazzo Madre. 2½ Stunden gibt uns Reiseleiter Nico zum Erkunden des Botanischen Gartens und für den Besuch der Ausstellung im Palazzo, der nach wie vor von der Familie Borromeo auch privat genutzt wird. Der Park selbst ist eine perfekte Komposition aus Bäumen, Blütenstauden und Wiesen, auf denen Fasane und Pfauen spazieren. Am wertvollsten ist wahrscheinlich die Kaschmir-Zypresse, die einst als schönster Baum der Welt galt. Während ich noch durch die Ausstellung im Palazzo gehe, beginnt ein intensiver Starkregen. Bei einem Cappuccino lässt sich jedoch diese ½ Regenstunde gut überbrücken.
Um 12:30 Uhr legt unser Charterboot wieder an und bringt uns hinüber zur Isola Bella. Die 20 ha große Insel ist deutlich kleiner als Isola Madre. Sie wird dominiert von einer gewaltigen barocken Schlossanlage, in die der Garten mit integriert ist. Auch hier bleiben 2½ Stunden für den Besuch. Im gewaltigen Palazzo sind 2 Etagen der Öffentlichkeit zugänglich. Neben der Größe und Gestaltung des Palazzo bin ich auch von der Vielzahl an Kunstwerken (Bilder, Plastiken, Porzellan, Möbel, Wandteppiche) beeindruckt. Die barocke, im Verhältnis kleine Gartenanlage, beindruckt ebenfalls durch die barocke Gestaltung. Nach so viel Kunst bleibt dennoch Zeit, vor der Abfahrt mit den anderen in einem der vielen Restaurants noch einzukehren…
7. Tag: Von Cannobio nach Cannero-Riviera (12,6 km, +610 / -585 Hm)
Die letzte Wanderung verbindet Cannobio und Cannero Riviera, die beiden nördlichsten Orte der italienischen Lago Maggiore-Westseite. Mit einem Reisebus fahren wir nach Cannobio. Doch der Start der Wanderung verzögert sich, weil es plötzlich wie aus Eimern gießt. Erst um 11 Uhr starten wir den Aufstieg Richtung Viggiona. Bald erreichen wir an einem Bach die Siedlung Mulinesch (Mühlen..). Überall auf unserem Weg, wo unser Weg Fahrstraßen kreuzt, sind auch Häuser bzw. Ferienhäuser entstanden. Nach 5 km erreichen wir Viggiona (500 m über dem See) und nach 7,5 km Trarego (580 m über dem See). Inzwischen regnet es wieder intensiv, so dass wir froh sind, uns im Gasthof bei Cappuccino und Kuchen trocknen zu können. Nach der Pause besuchen wir im Ort den Künstlergarten Casetta Elisabetta. Es ist äußerst interessant zu sehen, wie diese deutsche Künstlerin gemeinsam mit anderen Künstlern Landschaft und Kunst verbunden hat. Danach steigen wir direkt nach Cannero ab. Zunächst geht es auf einem Maultierpfad durch den Esskastanienwald. Danach noch 200 Höhenmeter im Zickzack durch den Steilhang des Ortes. Dann sind wir wieder am Lago Maggiore. An der Grotte von Cannero wartet bereits unser Reisebus auf die Rückfahrt zum Hotel.
8. Tag: Locarno
Auf der Hinfahrt zum Lago Maggiore hatten wir keine Zeit, um uns im Schweizer Nobel-Ferienort umzuschauen. Die Stadt ist faktisch komplett durch einen Tunnel vom Fernverkehr befreit. Auf der Rückfahrt steuern wir deshalb direkt den Bahnhof von Locarno an. 2 Stunden haben wir nun Zeit, um am Piazza Grande und bei einem Cappuccino am Lago Maggiore einige Impressionen von diesem schönen Ort zu gewinnen. Danach fahren wir die Serpentinen zum S. Bernhardino hoch und sind überrascht, als wir auf der Nordseite der Tunnelausfahrt den ersten Schnee der Saison erblicken.